Veranstaltung: | 53. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Wahlen Landesparteirat |
Antragsteller*in: | Jana Krauß (KV Görlitz) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 23.02.2020, 23:26 |
LPR6: Jana Krauß
Selbstvorstellung
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir Görlitzer Bündnisgrüne sind, nach einem langen Kommunal-, Oberbürgermeister- und Landtagswahlkampf, voller Energie, die Transformationsprozesse, die unsere Region Ostsachsen und die Lausitz in den kommenden Jahren stark verändern werden, zu gestalten. Die Kraft, die sich hier entwickelt hat, ist enorm und gemeinsam mit dem Landesverband, dem Parteirat und unserer Landtagsfraktion möchten wir sie nutzen, um die Bedürfnisse der Menschen in unserer Region sichtbar zu machen und Lösungen in die Landespolitik einfließen zu lassen. Ich bin Teil dieses Prozesses und das macht mich sehr froh und gibt mir das Selbstbewusstsein, mich auch auf Landesebene für Themen im Sinne unserer Region einzusetzen. Was brauchen wir im ländlichen Raum? Vordringliche Felder sind in meinen Augen Arbeit, Mobilität, Gesundheit, Digitalisierung, Bildung und Bürgerbeteiligung. Schwächen in all diesen Bereichen führen zwangsläufig zu Unzufriedenheiten, zu abnehmendem Vertrauen in demokratische Prozesse und zum Vorwurf der politischen Handlungsunfähigkeit. Wir alle kennen diese Diskussionen.
Im Mai 2019 wurde ich in den Görlitzer Stadtrat gewählt und mir gefällt diese Arbeit. Kommunalpolitisches Engagements heißt für mich, in Entscheidungen für meine Stadt die Transformationsvorgänge mitzudenken: Wie wirken sich Beschlüsse im Bereich des individuellen Verkehrs auf die Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs aus? Wie bereiten wir die für unsere Kommune notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen vor und wie erreichen wir Klimaneutralität? Wie gestalten und verbessern wir Bürgerbeteiligungsprozesse, damit von Bürgerbeteiligung nicht nur gesprochen wird, sondern diese auch wirksam werden kann? Wie stärken wir die Menschen vor Ort, um Arbeit zu finden, zu behalten, zu wechseln oder selbst unternehmerisch tätig zu werden? Was braucht Görlitz, damit die Kinder und Jugendliche ihre Stadt so gern mögen, dass sie hier bleiben oder sich später dafür entscheiden, wieder zurückzukommen?
Ich sehe aber auch viele Aufgaben, die wichtig sind für die Zukunft, die wir als Bündnisgrüne diskutieren sollten und die wohl weit über Kommunalpolitik hinausgehen. Hier eine Auswahl, die mich beschäftigt:
Bildung und Ausbildung: Nahezu täglich lesen wir über Lehrer- oder Fachkräftemangel in Sachsen. Zur Behebung sollen Ausbildung und Studium junger Menschen verstärkt gefördert werden. Das sind gute und richtige Ansätze. Doch was ist mit den Fachkräften, die aufgrund von Strukturwandel und Digitalisierung ihre Arbeit verlieren werden bzw. bereits verloren haben? Das sind kluge Köpfe, die bereit sind, neue Wege zu gehen, auch wenn sie schon lange im Berufsleben stehen. Leider sind die Bildungsstrukturen nicht entsprechend, um einen zweiten Beruf zu lernen, ohne massive Einkommenseinbußen hinnehmen zu müssen. Welche Familien können es sich leisten, dass ein Elternteil einfach mal drei Jahre in Ausbildung oder Studium geht ohne gesichertes Einkommen? Die Hürden für den Berufswechsel sind viel zu hoch. Müssen diese Menschen tatsächlich erst den Weg über die Arbeitslosigkeit gehen müssen, um im Zweifel letztlich doch nur mit unbefriedigenden Weiterbildungsmaßnahmen "gefördert" zu werden? Warum tun wir uns so schwer damit, zu akzeptieren, dass es den Weg von Berufsausbildung und Studium über den einen Job bis in die Rente kaum noch gibt? Unsere Vorstellung vom Berufsleben ist in meinen Augen viel zu eingleisig und starr und dass, obwohl wir vermutlich alle Karrierebrüche erlebt oder bei Freunden oder in der Familie beobachtet haben. Lebensgestaltung und damit auch die Gestaltung des Arbeitslebens sind mittlerweile hochdynamische Prozesse, die sich durch Digitalisierung und Arbeit 4.0 vermutlich noch weiter dynamisieren werden. Hier werden dringend innovative Konzepte benötigt.
Grüne Gentechnik: Ich bin Genetikerin und ich weiß, dass es unter Bündnisgrünen noch immer fast ein Tabu ist: die grüne Gentechnik. Das gilt es dringend zu überdenken. Meiner Meinung nach gibt es gute Gründe dafür, sich vom undifferenzierten Verbot der grünen Gentechnik zu verabschieden. Die Klimaveränderungen und damit einhergehende Veränderungen von Wachstumsperioden, Temperatur, Feuchtigkeit und Bodenqualität werden flexible und schnelle Züchtungsprogramme von entsprechend angepassten Pflanzen notwendig machen, um die Bedarfe aus dem regionalen Anbau decken zu können. Die konventionelle Züchtung ist schlicht nicht schnell genug. Biologischer, bodenschonender und pestizid- und herbizidfreier Anbau ist mit gentechnisch veränderten Pflanzen möglich. So könnten wir vor allem endlich zu der schon lange und richtigerweise geforderten Artenvielfalt auf unseren Äckern kommen.
Mehr Vertrauen in die kommunale Handlungsfähigkeit: Ich bin noch nicht lange Stadträtin, aber binnen kürzester Zeit habe ich erfahren, unter welchem Fördermittelzwang Kommunen stehen. Man bekommt sehr schnell die Auffassung, dass der Begriff Fördermittel fehlgeht. Unter Förderung verstehe ich Unterstützung von Potenzialen. Bei "Fördermitteln" handelt sich jedoch häufig schlicht um Zuwendungen für notwendige Ausgaben oder zur Erfüllung von kommunalen Pflichtaufgaben, über die an allen möglichen Stellen entschieden wird, aber nicht dort, wo die Gelder benötigt werden: bei den betroffenen Kommunen. Hier wünsche ich mir verstärkte Diskussionen, wie Kommunen zurückkommen können zu eigenen Entscheidungen, wie und an welcher Stelle finanzielle Mittel eingesetzt werden. Ich habe hier nur eine kleine Auswahl an Themen aufgeführt. Es gibt natürlich sehr viel mehr. Auch vermeintlich kleine Entscheidungen sind in einen größeren Zusammenhang eingebettet und systemisch zu überdenken. Dafür brauchen wir die Erfahrungen aus und die Vernetzung von Landtagsfraktion, Landesvorstand und Kreisverbänden. Neben meiner kommunalpolitischen Tätigkeit möchte ich mich auch in die politischen Prozesse auf Landesebene einbringen und kandidiere daher für den Parteirat.
Herzlichst,
Jana vom KV Görlitz
Vita:
46 Jahre jung, verwitwet, ein Sohn, Wahl-Görlitzerin
Seit 2018 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen
2018–2019 Sprecherin Ortsverband Görlitz
Seit 2019 Stadträtin in Görlitz
2000 Diplom in Biochemie an der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen
2005 Promotion am MPI für Entwicklungsbiologie in Tübingen
Bis 2014 Forschungs- und Lehrtätigkeit an MPI und Universität in Tübingen
Seit 2014 selbstständig mit der östlichsten Buchhandlung Deutschlands, Gewinnerin des Deutschen Buchhandlungspreises 2019, freiberufliche wissenschaftliche Lektorin
- Geburtsdatum:
- 09.07.1973
- Geburtsort:
- Dahme